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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

Correspondence with Marie Steiner
1901–1925
GA 262

Translated by Steiner Online Library

49a

Marie von Sivers to Edouard Schuré
Saturday, November 10, 1906

Translation from the French

Nov. 10, 1906

Dear Sir,

We have just returned from Munich, where Mr. Steiner gave a series of lectures entitled “Theosophy as Illustrated by the Gospel of John”. It was magnificent. During the twelve days we were there, we also drafted the plan for the congress and rented the halls. They are worthy of our taste, spacious, well-proportioned and free of ornamentation, so the decoration will be our responsibility. We can try to approach the idea of a temple. The stage is also large and we will be far enough away from the audience to create the illusion of “mystery”, a project we have not abandoned. So we would like to ask you again for permission to stage “The Sacred Drama of Eleusis”, not with actors, but by distributing the roles among members of our society. Mr. Steiner does not want any theatrical routine; he will be our director himself and will reveal the deeper meaning of our roles to us. Since he can do everything, he will be able to do that too. He will also know how to select those who have special abilities for certain roles with a sure eye. I believe that you are not risking too much, since the performance will not be a public one. Only members of the Theosophical Society will be present and the newspapers will not interfere. Only in the event of an unexpected success could one think of repeating the performance in public, provided you agree.

Now, however, as you yourself said, some changes would have to be made, and then the finished translation would have to be given to the composer. So we have to get to work right away, because the congress is taking place at Whitsun (on May 19). Sometimes, when you take things in hand with energy and goodwill, the stars come to your aid; they inspire us and send us the good spirits. Who knows whether such an undertaking, carried out with courage and faith, might not open the door to greater achievements? If you are not active yourself, you cannot expect others to take risks. Of course, you have to be prepared for a huge amount of work. If you refuse, Mr. Steiner himself will create something in the spirit of the ancient mysteries, because we value mystery, but we would very much like to have yours.

It is true that Mr. Steiner wants to give me the role of Demeter and that frightened me. I would have chosen Persephone rather than the Mother of the Gods. Only Mr. Steiner says that this mother must have something of a nun, and that even my mouth is particularly suitable for this role, but not for that of Persephone. I can't be the first to balk, but I think I now have the most difficult role and at the same time the one on which most depends. [...]

It would, of course, be very nice if you would translate “The Mystical Fact of Christianity”, and Mr. Steiner would be very grateful to be introduced to the French audience through you. He is currently in Leipzig and has asked me to give you this answer.

Please let us know as soon as possible about the mystery play. I believe that a fruitful force for good for humanity will arise from this joint work. And the reputation of every spiritual worker grows in his own country when neighbors take an interest in him. [...]

Thank you very much for all the kind things you say to us. I often return in thought to the peaceful valley of the Vosges, where we found such warm and understanding hospitality. I hope to see you and Madame Schuré again in Munich; after the congress, I hope to be able to set up a series of internal lectures in some beautifully situated place in Bavaria with the help of Ladies Kalckreuth and Stinde 22After the congress, the cycle “The Theosophy of the Rosicrucian,” GA 99. with the help of the ladies Kalckreuth and Stinde, at some beautifully situated place in Bavaria. If you only knew how hard Mr. Steiner has to work! I believe that something like this has never been seen before.

With our warmest and most respectful regards to Mrs. Schuré and to you.

M. Sivers

49a

Marie von Sivers an Edouard Schuré
Samstag, 10. November 1906

Übersetzung aus dem Französischen

10. Nov. 1906

Cher Monsieur,

Wir kommen soeben aus München zurück, wo Herr Steiner einen Zyklus unter dem Titel «Die Theosophie an Hand des JohannesEvangeliums» gehalten hat. Es war großartig. Während der zwölf Tage dort haben wir auch den Plan für den Kongress entworfen und die Säle gemietet. Diese sind nach unserem Geschmack würdig, weiträumig, wohl proportioniert und frei von Verzierungen, sodass die Dekoration unsere Sache sein wird. Wir können versuchen, uns der Idee des Tempels zu nähern. Die Bühne ist auch groß und wir werden weit genug entfernt vom Publikum sein, um die Illusion des «Mysteriums» zu erzielen, ein Projekt, das wir nicht aufgegeben haben. So möchten wir Sie noch einmal um die Erlaubnis bitten, «Das heilige Drama von Eleusis» aufführen zu dürfen, nicht mit Schauspielern, sondern indem wir die Rollen an Mitglieder unserer Gesellschaft verteilen. Herr Steiner will gar keine Theaterroutine, er wird selbst unser Regisseur sein und uns den tieferen Sinn unserer Rollen eröffnen. Da er ja alles kann, wird er auch das können. Er wird auch mit sicherem Blick diejenigen auszuwählen wissen, die besondere Fähigkeiten für bestimmte Rollen haben. Ich glaube, dass Sie nicht zu viel riskieren, da ja die Aufführung keine öffentliche sein wird. Es werden nur die Mitglieder der Theosophischen Gesellschaft da sein und die Zeitungen werden sich nicht hineinmischen. Nur im Falle eines ganz unerwarteten Erfolges könnte man daran denken, die Sache öffentlich zu wiederholen, sofern Sie damit einverstanden sind.

Nun müsste man allerdings, wie Sie selbst sagten, einige Änderungen vornehmen, und dann die fertige Übersetzung dem Komponisten geben. Wir müssen uns also gleich ans Werk machen, denn der Kongress findet schon zu Pfingsten statt (am 19. Mai). Manchmal kommen einem, wenn man die Dinge mit Energie und gutem Willen in die Hand nimmt, die Sterne zu Hilfe; sie inspirieren uns und senden uns die guten Schutzgeister. Wer weiß, ob ein solches Unternehmen, mit Mut und Glauben durchgeführt, nicht die Pforte für größere Erfolge öffnen könnte. Wenn man selbst nicht aktiv ist, kann man nicht erwarten, dass die anderen etwas riskieren. Natürlich muss man sich auf eine Riesenarbeit gefasst machen. Wenn Sie ablehnen, wird Herr Steiner selbst etwas im Sinne der antiken Mysterien verfassen, denn wir legen Wert auf das Mysterium, — aber wir hätten sehr gerne das Ihrige.

Es ist richtig, dass Herr Steiner mir die Rolle der Demeter geben will und das hat mich erschreckt. Ich hätte eher Persephone gewählt als die Göttermutter. Nur sagt Herr Steiner, dass diese Mutter etwas von einer Nonne haben muss, und dass sogar mein Mund für diese Rolle besonders geeignet ist, nicht jedoch für die der Persephone. Ich kann nun nicht gerade die erste sein, die sich sträubt, nur finde ich, dass ich jetzt die schwierigste Rolle habe und zugleich die, von der am meisten abhängt. [...]

Es wäre natürlich sehr schön, wenn Sie «Das Christentum als mystische Tatsache» übersetzen würden, und Herrn Steiner wäre es sehr lieb, durch Sie an das französische Publikum herangebracht zu werden. Er ist zur Zeit in Leipzig und hat mich beauftragt, Ihnen diese Antwort zu geben.

Bitte geben Sie uns recht bald Ihren Bescheid wegen des Mysterienspiels. Ich glaube, dass aus dieser gemeinsamen Arbeit eine fruchtbare Kraft des Guten für die Menschheit entstehen wird. Und das Ansehen eines jeden geistigen Arbeiters wächst in seinem eigenen Lande, wenn die Nachbarn sich um ihn kümmern. [...]

Vielen Dank noch für all die schönen Dinge, die Sie uns sagen. Ich kehre oft in Gedanken in das friedliche Vogesental zurück, wo wir eine so warme und verständnisvolle Gastlichkeit gefunden haben. Ich hoffe Sie und Madame Schuré in München wiederzusehen; nach dem Kongress hoffe ich eine Serie von internen Vorträgen 22Im Anschluss an den Kongress fand in München der Zyklus: «Die Theosophie des Rosenkreuzers» statt, GA 99. mit Hilfe der Damen Kalckreuth und Stinde an irgendeinem schön gelegenen Ort in Bayern einrichten zu können. Wenn Sie wüssten, wie Herr Steiner arbeiten muss! Ich glaube, so etwas ist noch nie gesehen worden.

Nos plus cordiales et respectueuses amitiés à Mme Schuré et à vous

M. Sivers