Collected Letters: Vienna
1879–1890
GA 38/I
18 August 1881, Oberlaa
Translated by Steiner Online Library
15. To Rudolf Ronsperger
My dear friend!
Now the matter is settled. I sent the letter yesterday with the accompanying words. I have several reasons for doing so: 1. You would have hesitated for a long time before finally coming forward. 2. The letter to me is written in such a way that it is worthy of being shown to your father. Such words are absolutely necessary in this matter, and I do not believe that you would speak to your relatives in the same way that you write to me. My accompanying words are: Dear Sir! It was in the winter of this year that I became acquainted with your dear son, who has since become infinitely dear to me. Given the nature of my education,
education, I could not fail to notice his profound disposition and promising talent. The noble aspirations that lie within him and the nature of his feelings are qualities that are hard to find today. He never really agreed with my ideas, and we had many arguments; but it is through argument that a higher harmony develops, and he became a dear friend to me. I was happy when he was happy and therefore wished him happiness with all my heart when he wrote to me that his application for admission to the university had been favorably decided. He then wrote me the enclosed letter in reply, which speaks in more detail of what he had only once mentioned to me in passing in conversation. The content of the letter would be too much of a burden for me if I thought that his father knew nothing about it. This is the reason why I am sending you this letter, dear sir. Please accept this as an apology for a complete stranger writing to you. I am only doing what your son would have done long ago if he had been able to bring himself to do so. He knows nothing of my actions, but I am convinced that he will not take it amiss, but will, should he learn of it, be in complete agreement. The matter begins where I have made the sign #. With renewed apologies, I remain in deepest respect, etc.—
May this matter cause you no more inconvenience than it was hastily carried out by me. Please write to me as soon as possible to let me know what impression the matter has made on you and whether you are satisfied with it.
I will write and send the continuation of the enclosed letter without delay. It will answer the questions you asked and also contain something about M'® Milton, which I have already read.
In the meantime, I remain
Your ever faithful
Rudolf Steiner
Tradition: Original (3 pp., 1 double sheet), RSA; gift from Christoph Koller, Bern (2010), from the estate of Rudolf Koller, Zurich; print: GA 38 (1985), p. 33f.; reply to letter dated: before Aug. 17, 1881 (not available); replied on: before Aug. 19, 1881
Persons: Felix Ronsperger; [Thomas Babington Macaulay]
Literature: Thomas Babington Macaulay: “On John Milton,” in: The Edinburgh Review, August 1825
15. An Rudolf Ronsperger
Mein lieber Freund!
Nun ist die Sache eine vollendete Tatsache. Ich habe gestern den Brief mit nachfolgenden Begleitworten abgeschickt. Ich habe dafür mehrere Gründe 1. Würden Sie wol noch lange gezaudert haben, bis Sie endlich heraus gerückt wären. 2. Ist der Brief an mich in einer Weise geschrieben, daß er wert ist, an Ihren Herrn Vater zu kommen. Solche Worte sind in dieser Sache durchaus notwendig und ich glaube nicht, daß in derselben Weise, wie Sie mir schreiben, Sie auch zu Ihren Angehörigen sprechen würden. Meine Begleitworte sind: Hochgeehrter Herr! Es war im Winter dieses Jahres, als ich mit Ihrem lieben und mir seither unendlich teuer gewordenen Sohne bekannt wurde. Bei der Art und Weise meiner
Bildung konnte mir die tiefere Anlage und die hoffnungerregende Begabung desselben nicht verborgen bleiben. Das edle Streben, welches in ihm liegt, die Weise seines Empfindens sind Dinge, die man heute suchen muß. Mit meinen Ideen war er nie recht einverstanden, wir mußten viel streiten; doch im Streit entwickelt sich der höhere Einklang und er wurde mir zum teuren Freunde. Ich freute mich, wenn er sich freute mit und wünschte ihm daher vom ganzen Herzen Glück, als er mir schrieb, daß sein Ansuchen wegen Aufnahme an die Universität günstig erledigt worden war. Da schrieb er mir denn als Antwort den beiliegenden Brief, der von dem ausführlicher spricht, wovon er mir nur einmal im Gespräche eine flüchtige Andeutung machte. Der Inhalt des Briefes wäre eine zu große Last für mich, wenn ich denken sollte: sein Herr Vater weiß davon nichts. Dies enthält die Rechtfertigung warum ich Ihnen hochgeehrter Herr, den Brief übersende. Nehmen Sie das als Entschuldigungsgrund dafür hin, daß ein völlig Unbekannter Ihnen schreibt. Ich tue damit nur das, was Ihr Sohn schon lange getan hätte, wenn ers übers Herz gebracht hätte. Er weiß wol nichts davon, daß ich’s tue, doch bin ich überzeugt, daß er mirs nicht ungut aufnimmt, sondern, wenn ers erfahren sollte, damit vollständig einverstanden sein wird. Die Sache beginnt von der Stelle an, wo ich das Zeichen # gemacht habe. Indem ich nochmals um Entschuldigung bitte verbleibe ich in tiefster Hochachtung etc—
Möge die Sache Ihnen ebensowenig mißliche Umstände her beiführen, als sie von mir nicht voreilig ausgeführt wurde. Schreiben Sie mir, ich bitte Sie, baldigst, welchen Ein druck die Sache auf Sie macht, ob Sie damit zufrieden sind.
Die Fortsetzung des beiliegenden Briefes werde ich unverzüglich schreiben und absenden. Sie wird die von Ihnen gestellten Fragen beantworten, auch über M’® Milton etwas enthalten, den ich bereits gelesen habe.
Mitlerweile verharre ich als
Ihr stets treuer
Rudolf Steiner
Überlieferung: Original (3 S., 1 Doppelblatt), RSA; Geschenk von Christoph Koller, Bern (2010), aus dem Nachlass von Rudolf Koller, Zürich; Druck: GA 38 (1985), S. 33f.; Antwort auf Zuschrift vom: vor 17. Aug. 1881 (nicht vorliegend); beantwortet am: vor 19. Aug. 1881
Personen: Felix Ronsperger; [Thomas Babington Macaulay]
Literatur: Thomas Babington Macaulay: «On John Milton», in: The Edinburgh Review, August 1825